Noch vor der ersten offiziellen Vorführung hatte es einige Kontroversen gegeben, die diesem Film mehr Aufmerksamkeit schenkten, als er überhaupt verdient. Als Erstes stieß man sich am Titel: „Z (comme Z)“ sollte dieser ursprünglich lauten. Doch der Buchstabe wurde seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine zum russisch-nationalistischen Kriegssymbol, ist also belastet. „Z“ hätte in diesem Fall allerdings schlicht für Zombie gestanden. Denn um eine Variation des Zombiefilms geht es in dem zunächst in „Coupez!“ und nun in „Final Cut of the Dead“ umbenannten neuen Werk des französischen Regisseurs Michel Hazanavicius („The Artist“), mit dem das Festival 2022 in Cannes eröffnet wurde.
Als irritierend und schließlich kontraproduktiv erwies sich der Drang des Regisseurs, kurz vor der Weltpremiere des Films das Publikum zu bitten, die ersten 20 Minuten bitte als Parodie zu verstehen und nicht etwa zu glauben, die Schauspieler*innen oder die technische Ausführung seien ungewollt amateurhaft. Abgesehen davon, dass dies auf eine gewisse Grundunsicherheit des Regisseurs in Bezug auf seinen Film schließen lässt, nimmt auch der Film den Zuschauer die gesamte Handlung hinweg an die Hand. Im Mangel an Grauzonen und Leerstellen liegt dann auch einer der großen Unterschiede zwischen Final Cut of the Dead und dem japanischen Film One Cut of the Dead von Shinichiro Ueda, dessen Remake Hazanavicious‘ Film sein will: Das Original ist viel knapper und lakonischer erzählt, ohne an Eindeutigkeit zu verlieren.
Die Figur des Regisseurs Rémi (Romain Duris), der wie im Original innerhalb des Films damit beauftragt wird, ein Remake eines erfolgreichen japanischen Zombiefilms zu drehen, kommentiert genau diesen Aspekt: Für das französische (sprich: westliche) Publikum müsse man viel genauer sein, die Dynamiken müssten ohne Umschweife verstanden werden. Das hat sich also auch Hazanavicious vorgenommen – und versagt, weil er dem Stoff damit seinen ganzen Charme nimmt.
Im ersten Teil geht es nämlich darum, dass der Dreh eines Zombiefilms vorbereitet wird. Der Regisseur schreit seine Hauptdarstellerin (Matilda Lutz) an, weil sie ihre Angst nur spiele. Er aber wolle echte Emotionen sehen. Um hier Abhilfe zu schaffen, beschwört er einen Fluch herauf und erweckt auf dem alten Militärgelände, wo gerade gefilmt wird, Untote zum „Leben“: Echte Zombies treffen auf gespielte. Dann folgt ein Schnitt, und die Geschichte springt einen Monat in der Zeit zurück, um zu erklären, wie es überhaupt zu diesen Dreharbeiten gekommen ist.
Bei Ueda, im japanischen Original, kommt dieser Bruch viel trockener und weitaus unvermittelter, womit die Überraschung, der Trick überhaupt erst funktionieren kann. Statt eine Hommage an das Original ist Final Cut of the Dead aber eine fehlgehende Persiflage – im Grunde die Persiflage einer Persiflage, was die Sache nicht besser macht. Sicherlich steckt darin eine große Lust, das Kino selbst und insbesondere das Fach des Trash- und Horrorfilms zu ehren, doch überwiegen hier die manierierten, sensationalistischen und selbstverliebten Ausschweifungen.
Dabei liegen in der Art, wie in Final Cut of the Dead auf den japanischen Film verwiesen wird, durchaus intelligente Momente. So entsteht eine komplizierte Verschachtlung des Themas: ein Film im Film im Film. Für die Überarbeitung des Originals kommt nämlich dessen japanische Produzentin (Yoshiko Takehara) höchstpersönlich nach Frankreich, um die Dreharbeiten zu überwachen. Für Kenner der Vorlage ist es eine Freude, diese quirlige kleine Frau mit der hohen Stimme und entschlossenem Charakter wiederzusehen.
Doch auch hier stimmt Hazanavicius die falschen Noten an. Es ist schon fast peinlich, wenn nicht mindestens fragwürdig, wie er diese eigentlich liebenswerte Figur einsetzt, sie zur Witzfigur macht. Das verfehlt massiv die Intention des Originals. Dort hat nämlich jede Rolle ihre charmante Seite – und nicht etwa wie im Fall von Final Cut of the Dead albern hervorstehend falsche Zähne. Jede Figur in One Cut of the Dead hat eine exzessive Seite, ihre Macken, doch kann man sie trotzdem ernst nehmen, mit ihnen mitfühlen und ihre unbedingte Liebe zum Projekt spüren. Bei Hazanavicius hingegen verlieren sie jede Attraktivität, was am völlig überdrehten Spiel liegt und damit letztlich die satirische Intention überspannt. Und es liegt auch am Gewicht, das der Fäkalhumor hier einnimmt.
Eine Durchfall- und Kotzszene weitet er unnötig in Lächerliche aus. Eine Idee, die Final Cut of the Dead vom Original übernimmt – dass einer der Darsteller nur „weiches“ Wasser trinken kann, andernfalls bekommt er Bauchschmerzen –, ist durchaus lustig. Auch im Original eilt er einmal vom Set, um sich notfallmäßig im Gebüsch zu entleeren, bei Coupez! jedoch wird dies durch ein umfangreiches, albernes Geräuschkonzert begleitet. Ähnliches gilt für einen Betrunken, der im Halbkoma hin- und hertorkelt und Wasserfälle an Erbrochenem über seine Kollegen ergießt – auch hier schießt Coupez! weit über die Einfachheit des Originals hinaus ins Überzogen-Alberne.
Was das Ganze noch steigert, sind die pseudo-politischen Parolen, die einer der Protagonisten (Finnegan Oldfield) von sich geben muss. Als er improvisieren muss, fällt ihm nichts anderes ein, als den Zombie ihm gegenüber als armes Opfer des Kapitalismus zu bezeichnen und eine ganze verquere Rede in diese Richtung zu liefern. Von Witz oder einer Pointe fehlt dabei aber jede Spur.
Final Cut of the Dead kann One Cut of the Dead in Bezug auf Originalität nicht standhalten. Die Zusätze bringen keinen Mehrwert,entzaubern die Idee der Vorlage zuweilen,in einem Fall sind sie aber auch nicht gerade harmlos, wenn es beispielsweise um die völlig unkritische Reproduktion von Vorurteilen und Gemeinplätzen gegenüber Japan und damit die Rassismus-Frage geht. Zu unentschlossen und ungeschickt versucht der Film etwas, was im besten Fall zum Fremdschämen und im schlimmsten Fall problematisch ist. Es wäre definitiv zu empfehlen, diese Neu-Interpretation des Stoffes zu schauen, ohne vorher das Original gesehen zu haben, sonst ärgert man sich hier in einer Tour.